Studie
Rechenzentren dort bauen wo der Strom ist
Zu wenig Netkapazitäten für Rechenzentren
Kann am Standort der Energiebedarf gedeckt werden? Diese Frage ist längst zentrales Kriterium für den Zubau von Rechenzentren. Entscheidend ist dabei nicht nur die Verfügbarkeit von Strom und der Preis, sondern auch die Netzanschlussbedingung. Hierzulande warten Rechenzentren aktuell rund sieben Jahre auf einen Netzanschluss. Für Deutschland wird der Zustand seiner Stromnetze daher zunehmend ein Problem im internationalen Wettlauf um KI-Technologie und die zugehörige Infrastruktur. Darauf weist der Thinktank Ember in seiner aktuellen Analyse "Grids for data centres" hin.
Die Studienautoren erwarten einen drastischen Anstieg des Stromverbrauchs europäischer Rechenzentren: von 96 TWh im Jahr 2024 auf 168 TWh bis 2030 und bis zu 236 TWh im Jahr 2035. Der enorme Datenhunger und die fehlenden Netzkapazitäten machen den Standort Deutschland für Entwickler und Investoren zunehmend unattraktiv. Diese orientieren sich mittlerweile verstärkt nach Nordeuropa, wo es die nötigen Netzkapazitäten für einen schnelleren Netzanschluss gibt. Laut Ember wird der Ausbau in den nächsten zehn Jahren vor allem in Norwegen, Dänemark und Schweden stattfinden. Frankfurt, als Teil der etablierten Flap-D-Märkte, wird weitgehend leer ausgehen. Die Großstadt kann einen ständig wachsenden Energiehunger der Rechenzentren nicht mehr bedienen.
Dabei gibt es eine Lösung, wie auch in Deutschland der Ausbau von Rechenzentren weiter voranschreiten kann. Immer wieder wird gefordert, den Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland systemdienlich zu gestalten. Doch warum führen wir diese Diskussion nicht auch für Rechenzentren?
Der Ausbau muss dort stattfinden, wo die dafür nötige Energie verfügbar ist, oder anders ausgedrückt: wo massive Investitionen in Wind- und Solarenergie getätigt werden. Ein Beispiel: Im Kreis Paderborn und im Kreis Höxter übersteigt die Einspeisekapazität aus Windenergie regelmäßig die Aufnahmefähigkeit des Netzes. Die Folge des verschleppten Netzausbaus sind hohe Abregelungsquoten und somit ungenutzter grüner Strom.
In Ostwestfalen können Rechenzentren mit lokal erzeugtem Grünstrom versorgt werden, ohne Umweg über das belastete Übertragungsnetz. Direktleitungen ermöglichen zudem eine besonders effiziente und kostengünstige Energieversorgung. Für diese Lieferungen fallen kaum Netzentgelte an. Überschüssiger Strom aus erneuerbaren Quellen wird sinnvoll genutzt, statt abgeregelt.
Paderborn könnte sich für die Betreiber von Rechenzentren noch zu einem echten Standortvorteil entwickeln. Der Kreis ist nicht nur ein Mittelpunkt des Erneuerbarenausbaus in NRW. Sondern auch Hotspot für digitale Kompetenz und Standort großer IT-Firmen. Ein langwieriges Anwerben von Fachkräften würde entfallen.
Kommunen sollten sich gezielt für die Ansiedlung und den Ausbau der erforderlichen Infrastruktur starkmachen. Denn Betreiber von Rechenzentren müssen sich in den kommenden Jahren in jedem Fall verstärkt mit der Beschaffung von Grünstrom auseinandersetzen. Das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) verpflichtet Rechenzentren, ihren Stromverbrauch bilanziell ab 2027 vollständig aus erneuerbaren Energien zu decken.